Ausstellungstipp: Deftig Barock
[Foto: Kunsthaus Zürich]
Deftig Barock. Von Cattalan bis Zurbarán.
Manifeste des prekär Vitalen.
Ausstellung bis 2. September 2012
im Kunsthaus Zürich
Das Wort «deftig» ist selber barock. Es führt etymologisch in seiner
ursprünglichen Bedeutung von «tüchtig, stark, kräftig, solide» in die Zeit um
das 17. Jahrhundert zurück, in den niederländischen Sprachraum. Deftig ist in
dieser Ausstellung die Kunst in ihrer Direktheit und Lebensnähe. Als deftig im
heutigen Sinne von «drastisch, saftig» lässt sich gewissermaßen auch das
Prinzip der konfrontativen Begegnung der Werke aus zwei weit auseinander
liegenden Epochen bezeichnen.
Dabei geht es in «Deftig Barock» nicht um
das illustrative Kurzschließen von Motiven, Themen oder Formanalogien, vielmehr
um das Aufspüren einer Haltung, die mit künstlerisch sensualistischer
Intelligenz Lebensnähe als Vorstellung von «prallem Leben» beschwört sowie auch
dessen Verlust beklagt. Eine Haltung, die darüber hinaus Fragen zur Kunst selber
mit dieser verknüpft. Der Barock wird mit Dynamik, Sinnenfreude, Verschwendung,
mit dem Theatralen gleichgesetzt, mit der Abkehr von der ruhigen Feierlichkeit
der klassischen Formen, aber auch mit einer Epoche der Instabilität und der
zerbrechenden Ordnungen. Man hat im Barock eine «Kultur des Fließens und der
Interfaces» (Christine Buci-Glucksmann) erkannt oder den Beginn unserer Moderne
(Erwin Panofsky). Die Ausstellung soll auch daran erinnern, dass die Kunst des
Barock erst seit den 30er und 40er Jahren des 20. Jahrhunderts ihre
unangefochtene Wertschätzung erfährt – wie im Übrigen so oft –, veranlasst durch
Kunsthistoriker, die aus einer gewissen Nähe zur Kunst ihrer Zeit den Blick auf
die Vergangenheit wagten. Es war Erwin Panofsky, der im Barock «den Sieg des
Subjektivismus» begründet sah, «der das Leiden und den Humor gleichermaßen zum
Ausdruck bringen will».
Mit Werken aus dem Barock unter anderen von
Pieter Aertsen, Valentin de Boulogne, Jacob Jordaens sowie aus der Gegenwart von
Nathalie Djurberg, Maurizio Cattelan, Oscar Tuazon. [Text: Museum]