Nasse Zellen


Neulich hätte ich beinahe meine Tasche ertränkt. Wie das passieren konnte? Nun, ich habe in die Zukunft des Wohnens geschaut. Mitten in Berlin steht am Alexanderplatz das e-Wohnhaus. Das ist ein Versuchslabor mit Wohnzimmer, Küche und Büro. Und einem Badezimmer. Dort hatte ich meine Tasche kurz im Waschbecken abgestellt. Und dabei die Armatur aus Edelstahl unterschätzt. Ein Schwall Wasser schoss heraus. Unangekündigt. Mitten auf meine Tasche. Der Bewegungssensor hatte sie mit meiner Hand verwechselt. Dazu wäre es nicht gekommen, hätte der Architekt an eine Ablagefläche gedacht. Ich reise viel und wundere mich immer wieder. Nicht über französische Stehtoiletten, indonesische Mandis oder Plumpsklos in Sri Lanka. Ich wundere mich, woran Architekten und Designer denken, wenn sie ein Badezimmer planen. Vielleicht an Waschbecken mit Lotus-Effekt, handgefertigte Fliesen oder schicke Armaturen? Zu selten jedenfalls an Funktionalität. Anders kann ich mir nicht erklären, was ich neulich in einem Luxushotel am Gardasee erlebt habe. Die Zimmer waren zwar mit italienischen Möbeln eingerichtet, doch zeigte sich mal wieder: Optik ist nicht alles. Die in die Ecke gezwängte Dusche war geringfügig größer als in einem Wohnmobil. Die Badewanne aus Corian nahm das halbe Badezimmer ein. Doch statt Platz für Badefreuden zu bieten, war sie komplett verschnitten. Die Kosmetikartikel verschwanden in einen Schlitz hinter dem Waschbecken. Wozu der da war? Das kann ich mir bis heute nicht erklären. Apropos Waschbecken: Die Armatur war genau in der schmalsten Ecke angebracht. Egal, muss man sich die Haare eben in der Dusche waschen. Kaum noch erwähnenswert, dass der Vergrößerungsspiegel an der falschen Stelle saß. Statt roter Lippen sah ich die Fussel auf meinem Pulli in Fünffach-Vergrößerung. Wenigstens hat meine Tasche den Wasserschwall unbeschadet überstanden.  
 
Claudia Simone Hoff