Knautschzone

Mein Sofa ist mein Ein und Alles. Seit acht Jahren schon. Es ist hellgrau und kuschelig. Zugegeben, ein wenig niedrig ist mein Sofa schon. Und mit seinem Kern aus Schaumstoff eigentlich auch etwas zu weich, um gut darauf zu sitzen. Seine knuffigen Stofffalten sind ein Sammelbecken für Krümel, Fussel & Co. Aber das hält mich nicht davon ab, mein Sofa heiß und innig zu lieben. Meine Mutter kann das nicht verstehen. Jedes Mal, wenn sie es sich darauf so richtig bequem gemacht hat, kommt das böse Erwachen. Später – beim Aufstehen. Denn wer die Fünfzig überschritten hat, tut sich schwer mit dem plüschigen Schaumstoffgebilde von Ligne Roset. Dann heißt es: Kräfte sammeln, Luft anhalten, Schwung nehmen und – hoch! Denn nur weil ein Sofa fast so viel kostet wie ein halbe Limousine, muss es noch lange nicht zum Sitzen geeignet sein. Im Gegenteil. In Zeiten von Lounging und Cocooning kann es scheinbar gar nicht unbequem genug sein. Jedenfalls für Menschen, die gern aufrecht sitzen und an ihren Rücken denken. Denn wie sonst lässt es sich erklären, dass immer mehr Sofas Liegewiesen statt Sitzmaschinen sind? „Bahir“ beispielsweise. Das ist kein Geschöpf aus Tausendundeiner Nacht, sondern eines dieser Sofas, auf denen man nicht sitzen kann. Und zwar deshalb, weil es über einen Meter tief ist. Kein Wunder, dass es sein Hersteller Cor nun nicht mehr Sofa, sondern „einladende Schale“ nennt. Sitz und Lehne werden eins und das Sofa fortan zur Freiheitszone erklärt. Das haben wir doch schon gesehen, meinen Sie? Richtig. „My beautiful Backside“ (Moroso), „Night & Day“ (Molteni & C) oder „Chester“ (Established & Sons) heißen diese Exemplare. Oder ganz einfach „Knautsch”. Das gibt es nicht? Leider doch. Zwar sollen Federkerne und Kaltschäume bei Bretz für Komfort sorgen, doch eines ist sicher: Sitzen kann man auch auf diesem Sofa nicht. Stattdessen: lümmeln, kuscheln, einrollen. Und dabei nur nicht an morgen denken. So wie ich. Mein Sofa „Togo“ bleibt bei mir – komme was wolle!

Claudia Simone Hoff