Auf Messers Schneide

In der Küche verstehe ich keinen Spaß. Hier müssen die Dinge nicht nur schön, sondern vor allem nützlich sein. Kein Wunder, dass es so lange gedauert hat, bis ich das richtige Besteck gefunden habe. Zu stumpf, zu spitz, zu dick, zu dünn. Hätte ich die Wahl gehabt, hätte ich mich ohne nachzudenken für einen Entwurf von Pott entschieden. Schön, schlicht und aus Edelstahl. Denn egal, ob Messer, Gabel oder Löffel: Pott liegt nicht nur angenehm in der Hand, sondern auch ausgesprochen gut im Mund. Doch ein kurzer Blick auf den Preis und es war vorbei mit meinen Träumen vom Pott-Besteck. Knapp 1000 Franken für ein Sechs-Personen-Set? Nicht mit mir, dachte ich und die Suche fing von vorne an. Bei WMF, Iittala, Alessi, Auerhahn und wie sie alle heißen. Zeige mir dein Besteck und ich sage dir wer du bist – das scheint das Motto der Besteckindustrie zu sein. Wer etwas auf sich hält, deckt den Tisch mit Designerware. In der Beliebtheitsskala ganz oben rangiert Arne Jacobsen. Neben Stühlen, Teekannen und Zuckerdosen hat sich der Däne nämlich auch ein Besteck ausgedacht. Zugegeben, seine Messer, Gabel und Löffel für Georg Jensen sind ebenso wie die Stücke von Pott eine kostspielige Investition fürs ganze Leben. Gerade hatte ich mich trotz allem dafür entschieden, überzeugte mich ein Praxis-Test in letzter Minute vom Gegenteil. Denn so zuckersüß das Dessert, so wenig praktisch der dazugehörige Löffel. Extrem rank und schlank mag zwar schön anzusehen sein – doch ergonomisch essen sieht anders aus. Fast hatte ich die Hoffnung auf das passende Besteck schon aufgegeben, da wurde ich doch noch fündig. In einem Trödelladen bei mir um die Ecke lag im Schaufenster das Objekt meiner Begierde. Ganz und gar unerwartet sozusagen. Ein Besteckset von Zwilling aus den Sechzigern. Stilvoll aus Edelstahl und mit Griffen aus Nussbaumholz. Schön geformt und gut zu fassen. Was das gekostet hat? 40 Franken. Zum Glück nicht pro Stück, sondern für das ganze Set.

Claudia Simone Hoff