Ausstellungstipp: Vorspannkino
[Foto: KW]
Noch bis zum 19. April 2009 läuft in den Berlin Kunstwerken (KW) die Ausstellung "Vorspannkino".
Eine atemberaubende Schönheit im schwerelosen Raum. Gleich einem Feigenblatt verhüllen die auf- und abtauchenden Schriftzüge die sich allmählich Enthüllende. In paradiesischer Nacktheit schwebt Barbarella zum Höhepunkt des Vorspanns.Schattenhaft tauchen aus dem Dunkel zerklüftete Formen auf. Im Rhythmus der ätherischen Klänge einer Geige werden zerrspiegelartig Gesichtsöffnungen offenbar. Der Blick bohrt sich tief hinein in das Schwarz eines aufgerissenen Schlundes, der den Titel Seconds zu verschlingen droht.
Die außergewöhnliche Herausforderung, Schrift, Bild und Ton zu verbinden und gleichzeitig in ein Thema einzuführen, ohne es bereits vorweg zu nehmen, hat zur Entwicklung eines stilprägenden Genres geführt. Die Ausstellung VORSPANNKINO würdigt erstmals mit über 50 Vor- und Abspannen diese eigene filmische Form.Aus dem Schwarz heraus taucht langsam das Gesicht einer Frau auf. Es erscheint reglos. Plötzlich zuckt der leinwandgroße Mund zusammen, während die Musik in hypnotischen Rhythmen aufsteigt. Der Blick des Objektivs gleitet zu den Augen, die beunruhigend hin- und herschauen. Die Kamera fährt dicht an ihr rechtes Auge heran. Es weitet sich angsterfüllt. Das Bild färbt sich blutrot. Aus dem Inneren des Auges tritt der Filmtitel hervor. Eine Spirale dreht sich aus der Pupille heraus, wird größer und größer und füllt schwindelerregend das gesamte Bild – Vertigo.
Der Vorspann von Saul Bass zu Alfred Hitchcocks Vertigo zieht die Zuschauer schon vor Beginn der Handlung in seinen Bann – das „große Kino“ beginnt mit der ersten Sekunde des Films. Im Vorspann vermischen und verbinden sich die Ebenen der realen Filmproduktion und des fiktionalen Handlungsortes. Die Ausstellung VORSPANNKINO ermöglicht einen zeitgenössischen bildnerischen Blick auf das Phänomen.
Nur wenige Titeldesigner wie Saul Bass sind namentlich bekannt geworden. Bass hat bis zu seinem Tod 1996 neben Vertigo unter anderem die Eröffnungssequenzen für Hitchcocks Psycho, Otto Premingers Bunny Lake is Missing und John Frankenheimers Grand Prix geschaffen. Als sich Mitte der 1950er Jahre die Filmgesellschaften verpflichteten, alle beteiligten Künstler im Vorspann zu nennen, waren es vor allem Saul Bass, Wayne Fitzgerald und Maurice Binder, die diese rechtliche Vorgabe als erweiterten Raum begriffen. Die Einbindung der zahlreichen Namen und die dadurch gewonnene Filmzeit schufen größere Möglichkeiten origineller Gestaltung. Bis heute reicht die Bandbreite der Eröffnungssequenzen von rein grafischen Lösungen über typografische Fassungen bis hin zu selbständigen Filmen mit eigenen Geschichten. Überdies wird der Vorspann auch als dramaturgisches Mittel innerhalb des Films eingesetzt: Nach dem direkten Einstieg in die Filmhandlung wird diese durch die Titelsequenz unterbrochen und erfährt ihren ersten dramaturgischen Höhepunkt im Vorspann selbst. Wegweisend und stilprägend war Mitte der 1990er Jahre die Eröffnungssequenz von Se7en. Inspiriert von zerkratzten Titelbildern von Stan Brakhage schuf Kyle Cooper einen Prolog, der die Erzählung des Films und ihre Auflösung in verdichteter Form in Gänze vorwegnimmt. [Text: Museum]
Noch bis zum 19. April 2009 läuft in den Berlin Kunstwerken (KW) die Ausstellung "Vorspannkino".
Eine atemberaubende Schönheit im schwerelosen Raum. Gleich einem Feigenblatt verhüllen die auf- und abtauchenden Schriftzüge die sich allmählich Enthüllende. In paradiesischer Nacktheit schwebt Barbarella zum Höhepunkt des Vorspanns.Schattenhaft tauchen aus dem Dunkel zerklüftete Formen auf. Im Rhythmus der ätherischen Klänge einer Geige werden zerrspiegelartig Gesichtsöffnungen offenbar. Der Blick bohrt sich tief hinein in das Schwarz eines aufgerissenen Schlundes, der den Titel Seconds zu verschlingen droht.
Die außergewöhnliche Herausforderung, Schrift, Bild und Ton zu verbinden und gleichzeitig in ein Thema einzuführen, ohne es bereits vorweg zu nehmen, hat zur Entwicklung eines stilprägenden Genres geführt. Die Ausstellung VORSPANNKINO würdigt erstmals mit über 50 Vor- und Abspannen diese eigene filmische Form.Aus dem Schwarz heraus taucht langsam das Gesicht einer Frau auf. Es erscheint reglos. Plötzlich zuckt der leinwandgroße Mund zusammen, während die Musik in hypnotischen Rhythmen aufsteigt. Der Blick des Objektivs gleitet zu den Augen, die beunruhigend hin- und herschauen. Die Kamera fährt dicht an ihr rechtes Auge heran. Es weitet sich angsterfüllt. Das Bild färbt sich blutrot. Aus dem Inneren des Auges tritt der Filmtitel hervor. Eine Spirale dreht sich aus der Pupille heraus, wird größer und größer und füllt schwindelerregend das gesamte Bild – Vertigo.
Der Vorspann von Saul Bass zu Alfred Hitchcocks Vertigo zieht die Zuschauer schon vor Beginn der Handlung in seinen Bann – das „große Kino“ beginnt mit der ersten Sekunde des Films. Im Vorspann vermischen und verbinden sich die Ebenen der realen Filmproduktion und des fiktionalen Handlungsortes. Die Ausstellung VORSPANNKINO ermöglicht einen zeitgenössischen bildnerischen Blick auf das Phänomen.
Nur wenige Titeldesigner wie Saul Bass sind namentlich bekannt geworden. Bass hat bis zu seinem Tod 1996 neben Vertigo unter anderem die Eröffnungssequenzen für Hitchcocks Psycho, Otto Premingers Bunny Lake is Missing und John Frankenheimers Grand Prix geschaffen. Als sich Mitte der 1950er Jahre die Filmgesellschaften verpflichteten, alle beteiligten Künstler im Vorspann zu nennen, waren es vor allem Saul Bass, Wayne Fitzgerald und Maurice Binder, die diese rechtliche Vorgabe als erweiterten Raum begriffen. Die Einbindung der zahlreichen Namen und die dadurch gewonnene Filmzeit schufen größere Möglichkeiten origineller Gestaltung. Bis heute reicht die Bandbreite der Eröffnungssequenzen von rein grafischen Lösungen über typografische Fassungen bis hin zu selbständigen Filmen mit eigenen Geschichten. Überdies wird der Vorspann auch als dramaturgisches Mittel innerhalb des Films eingesetzt: Nach dem direkten Einstieg in die Filmhandlung wird diese durch die Titelsequenz unterbrochen und erfährt ihren ersten dramaturgischen Höhepunkt im Vorspann selbst. Wegweisend und stilprägend war Mitte der 1990er Jahre die Eröffnungssequenz von Se7en. Inspiriert von zerkratzten Titelbildern von Stan Brakhage schuf Kyle Cooper einen Prolog, der die Erzählung des Films und ihre Auflösung in verdichteter Form in Gänze vorwegnimmt. [Text: Museum]