Ausstellungstipp: Weißes Gold
Bis zum 25. Oktober 2009 findet im Museum Bellerive in Zürich die Ausstellung "Weißes Gold" statt.
Porzellanmanufakturen in Europa werden im Moment wirtschaftlich schwer gebeutelt. Der chinesische Markt überschwemmt die Welt mit Billigware, und die Konsumenten scheinen keinen Bedarf mehr an Tafelservices zu haben. Die Ausstellung im Museum Bellerive zeigt, dass gewisse Materialien allen Krisen zum Trotz über Jahrtausende hinweg nicht verschwinden und immer wieder Revivals erleben.
Porzellan wurde, laut neueren Forschungen, bereits 1300 v. Chr. in China gebrannt. Im 13. Jahrhundert gelangte es nach Europa und galt in vieler Hinsicht als grosse Kostbarkeit, weshalb es «weißes Gold» genannt wurde. Im Barock war es ein begehrter Luxusartikel und zierte zahlreiche Kabinette europäischer Fürstenhäuser. Bis anhin aus China in großen Mengen importiert, bemühte man sich hierzulande angestrengt um eine eigene Herstellung und Produktion. Anfang des 18. Jahrhunderts gelang endlich der Durchbruch, und Porzellan wurde zum ersten Mal auch in Europa produziert, genauer gesagt in Meissen, dessen Porzellan-Manufaktur 2010 ihr 300-Jahr-Jubiläum feiert. Porzellan ist ein Luxusgut, das man sich bis heute einiges kosten lässt. Ebenso Tafelservices wie repräsentative Einzelwerke waren beliebte Geschenkartikel unter der Aristokratie, und diese Tatsache änderte die Ess- und Tafelkultur. Große Manufakturen wie Meissen, Nymphenburg, Hutschenreuther oder die weltberühmte ungarische Herend-Manufaktur hatten im 19. Jahrhundert ihre erste Hochblüte.
War Porzellan einst nur den aristokratischen Kreisen vorbehalten, betont aufwendig und kunstvoll bearbeitet, wandelte sich dessen Verwendung und sein Renommee mit der Industrialisierung vollkommen: Porzellan hielt Einzug in die bürgerliche Wohnstube. Aus den höfischen Preziosen wurde ein Massenartikel. Heute werden alte Entwürfe aus dieser Zeit neu aufgelegt und finden ihren Absatzmarkt. Das Material hat durch seine Härte und Isolierqualitäten ebenfalls die Industrie und Medizin erobert. Im Laufe der Zeit wurde es im Bereich der Autoproduktion und Elektronik verwendet, heute wird es zudem in der Raumfahrt eingesetzt. Faszinierend ist es, zu sehen, welche Möglichkeiten dieses Material bietet. Anhand von Objekten namhafter Designer und Künstlerinnen wird ein neuer Umgang mit traditionellen Themen wie dem Tafelaufsatz oder der Figur gezeigt, aber auch Industrieprodukte und zeitgenössisches Design. [Text: Museum; gekürzt]